Dr. Tobias Vogl richtet einen optischen Chip mit einer Quantenlichtquelle aus.
Wasserzeichen — sich überlagernd angeordnete Rhomben mit verschiedenen Transparenzen

„Photonic Ecosystem“ – from Jena though the world

Der diesjährige Nachwuchswissenschaftspreis des Beutenberg Campus e.V. ehrt Dr. Tobias Vogl.
Dr. Tobias Vogl richtet einen optischen Chip mit einer Quantenlichtquelle aus.
Foto: Jens Meyer (Universität Jena)
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Der diesjährige Nachwuchswissenschaftspreis des Beutenberg Campus e.V. ehrt Dr. Tobias Vogl, der 2019 als Posdoc zu uns an die Universität Jena kam, nachdem er an der Australian National University promivierte. Die Preiskriterien:

·        Qualität bzw. wiss. Anspruch der Arbeiten, der sich unter Berücksichtigung des Alters der Bewerber in der Anzahl und Wertigkeit der Publikationen widerspiegelt.

·        Bezug der Arbeiten zum Campusleitgedanken „Life Science meets Physics“

·        Mobilität/Internationalität der Kandidaten

erfüllt der Leiter der Forschungsgruppe „Integrierte Quantensysteme“ außerordentlich.

Qualität bzw. wiss. Anspruch der Arbeiten unter Berücksichtigung des Alters

Bereits während seiner Promotion führte Herr Vogl ein neues Thema in seine ehemalige Arbeitsgruppe von Prof. Ping Koy Lam ein: die Nutzung von 2D-Materialien für quantenoptische Experimente. Dies führte zu einer Reihe von Erstautoren-Publikationen in renommierten wissenschaftlichen Journalen. Mit seinen Ergebnissen und seiner Dissertation hatte Dr. Vogl auch den besten PhD in Physik an der Australian National University im Jahr 2019 abgeschlossen und wurde für die Bragg Gold Medal des Australian Institute of Physics als einer der zehn besten Physik-Doktoranden in Australien in diesem Jahr nominiert.

Grundlage seines wissenschaftlichen Erfolges

Während seiner Promotion hat Herr Vogl Raumtemperatur-Quantenemitter aus dem 2D-Material hexagonales Bornitrid entwickelt, optimiert und für den Einsatz in modernen Quantentechnologien vorbereitet. Für diese Emitter hat Herr Vogl zunächst einen Herstellungsprozess entwickelt und optimiert, der Emitter mit besonders guten photophysikalischen Eigenschaften hervorbringt. Die genaue atomare Struktur dieser Emitter war unbekannt (und ist sie teilweise), aber Tobias Vogl ist es gelungen, in grundlegenden Experimenten ein Modell für die verschiedenen Emitter zu entwickeln und zu beschreiben. Darüber hinaus untersuchte Herr Vogl auch den möglichen Einsatz in Anwendungen. Dafür wurden die Emitter direkt an optische Fasern gekoppelt (z.B. für Quantennetzwerke). Die wohl wichtigste Arbeit ist die Kopplung eines Emitters an einen Mikroresonator, ein Erfolg, der zuvor und auch danach von wissenschaftlichen Gruppen auf der ganzen Welt angestrebt wurde. Er integrierte diese resonatorgekoppelte Lichtquelle in den Prototyp eines Kleinsatelliten und qualifizierte ihn für den Weltraum. Diese Studie wurde in der Zeitschrift Nature Communications (März 2019) als Condensed Matter-Highlight des Monats vorgestellt. Dabei ging es nicht nur um die Strahlungstoleranz von Quantenstrahlern für z.B. satellitengestützte Quantenkommunikation, die bisher nicht untersucht wurde. Vielmehr wurden 2D-Materialien generell für den Einsatz im Weltraum qualifiziert. „Dazu gehören z. B. atomar dünne Feldeffekttransistoren, die künftige Satellitenelektronik effizienter und leichter machen könnten. Besonders überrascht hat uns ein neuartiger Defektheilungsmechanismus, den wir bei den Experimenten beobachtet haben, bei dem Gammastrahlen ein Material (bzw. dessen optische Eigenschaften) dauerhaft verbessern können. Mit weiterführenden Experimenten und theoretischen Simulationen konnten wir den Mechanismus hinter diesem Effekt vollständig aufklären.“, führt Dr. Tobias Vogl aus.

Die Zeit in Jena und Internationalität

Schon in seinem ersten Jahr als Postdoc am IAP erhielt Tobias Vogl ein eigenständiges DFG-Projekt, was der erste und sehr frühe Schritt in die wissenschaftliche Selbständigkeit war. In diesem Projekt entwickelt er einen neuartigen Anregungsmechanismus für Einzelphotonenquellen und erforscht deren Einsatz in der Quantenkryptographie. Trotz der Covid-19-Pandemie, gelang es ihm in einem Joint Postdoctoral Fellowship mit der University of Cambridge eine intensive Zusammenarbeit mit dem Cavendish Laboratory zu pflegen. Noch im selben Jahr begann er mit dem Aufbau eines internationalen Forschungskonsortiums mit dem Ziel, die Einzelphotonenquelle für ein weltweites Quanteninternet voranzubringen. Mangels effizienter Quanten-Repeater kann ein solches Quantennetzwerk nur über Satellitenverbindungen aufgebaut werden, da Quanteninformation in Glasfasern exponentiell gedämpft wird und daher über sehr lange Strecken nur durch die Atmosphäre übertragen werden kann. „Dr. Vogl und sein Konsortium konnten eine Projektförderung des BMWK für die Entwicklung der Quantenlichtquelle sowie die Evaluierung ihrer Leistungsfähigkeit im Weltraum auf einem Kleinsatelliten einwerben, wobei er nicht nur lokaler Projektleiter, sondern auch Sprecher und Koordinator des Forschungskonsortiums, bestehend aus Forschern der Universität Jena, des Ferdinand-Braun-Instituts, des Leibniz-Instituts für Hochfrequenztechnik, der Technischen Universität Berlin sowie assoziierten Partnern am Fraunhofer IOF, der University of Cambridge, der National University of Singapore und der Polytechnischen Universität Mailand ist. Mit der Akquisition und Koordination eines solchen Forschungsnetzwerkes hat Herr Vogl in einem sehr jungen Karrierealter erreicht, was sonst nur Seniorforschern mit langjähriger Erfahrung vorbehalten ist.“, unterstreicht Prof. Stefan Nolte, der die Forschungsarbeiten mit Infrastruktur unterstützt.

„Life Science meets Physics“

„Dieses Weltraumprojekt testet nicht nur die Quantenlichtquelle als zentrale Komponente für ein globales Quantennetzwerk. An Bord des Satelliten befindet sich auch ein Quanteninterferometer, das in der Mikrogravitation nach erweiterten physikalischen Theorien jenseits des Standardmodells sucht. Mit diesem Experiment könnten wir bestimmte Quantengravitationstheorien bestätigen oder falsifizieren.“, erklärt Dr. Tobias Vogl. Zwar wurde ein terrestrisches Experiment am Boden durchgeführt, bisher konnten jedoch keine Abweichungen von den Vorhersagen der Standard-Quantenmechanik gefunden werden. Für die Grundlagenphysik war es aber äußerst wichtig, da es gegenüber dem Stand der Technik um eine Größenordnung gesteigerte Messgenauigkeit erreichte, was dieses Experiment zum genauesten Test für diese Klasse von erweiterten Quantentheorien jenseits des Standardmodells macht. „Für die Grundlagenphysik sind diese Art von Experimenten äußerst wichtig, da sie dazu beitragen, die Kopplung der Schwerkraft auf der Quantenebene besser zu verstehen. Große Fortschritte in den Naturwissenschaften wurden oft erzielt, wenn Forscher nach dem Unbekannten suchten.“, ordnet Prof. Nolte diese Leistung ein.

Tobias Vogl hat dieses bahnbrechende Konzept der optischen Quantenlogik auf einem Satelliten weiterentwickelt und 2021 den mit 400.000 Euro dotierten INNOspace Masters Award des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt erhalten. Dieser Preis ist das Ergebnis eines Ideenwettbewerbs und fördert Innovationen zwischen Raumfahrt- und Nichtraumfahrtbereich.

Im Folgejahr 2022 hat Herr Vogl eine vom BMBF geförderte Nachwuchsgruppe eingeworben. Die Gruppe kombiniert Einzelphotonen-Emitter in 2D-Materialien mit integrierter Optik. „Damit ist es möglich, komplette quantenoptische Aufbauten, die wir bisher auf Labortischen realisierten, zu kleinen quantenphotonischen Chips zu miniaturisieren. Gleichzeitig werden mit dieser Technologie hochpräzise interferometrische Messungen, wie sie für Tests jenseits des Standardmodells skizziert wurden, ermöglicht.“, freut sich Tobias Vogl.

„Dies war die Grundlage für die Entwicklung von Quantensensoren im Nanomaßstab. Wir haben festgestellt, dass die Quantenstrahler auf mehrere Umwelteigenschaften wie Temperatur, Ströme und Magnetfelder empfindlich reagieren und für die superauflösende Bildgebung verwendet werden können. Dadurch kann nicht nur eine einzelne Eigenschaft einer Probe gemessen werden, sondern sogar alle oben genannten Merkmale gleichzeitig mit einer Auflösung von etwa 1 nm.“

„Diese Quantensensoren im Nanomaßstab sind sehr kompakt und dennoch präziser als die derzeit verfügbaren Lösungen. Daher haben sie ein enormes Potenzial für den Einsatz in den Biowissenschaften. Die Magnetfeldsensoren könnten die Präzision und Auflösung von medizinischen Magnetresonanztomographen verbessern. Die Kompaktheit lässt sogar den Einsatz mobiler Geräte in einem Krankenwagen bei großen Naturkatastrophen denkbar erscheinen.“, umreist Stefan Nolte die möglichen Applikationsfelder dieser Technik. „Herr Vogl hat die Entwicklung von Raumtemperatur-Quantenemittern unmittelbar nach ihrer Entdeckung vorangetrieben und sie in kürzester Zeit in ein Stadium überführt, in dem sie für moderne Quantentechnologien sogar im Weltraum oder als nanoskalige Quantensensoren in der medizinischen Diagnostik oder für die superauflösende Bildgebung eingesetzt werden können.

Neben dem eingeworbene Drittmittelvolumen von über 7,5 Mio. €, der hohen Anzahl von Publikationen in renommierten Fachzeitschriften, u.a. in Nature Physics und Nature Communications und entsprechenden Einladungen zu internationalen Konferenzen und Kolloquien, betreut Tobias Vogl  acht Promovierende, drei Masterarbeiten und leitet zwei Postdocs an. Darüber hinaus engagiert er sich auch in der Lehre an der Fakultät.

Fragt man Tobias Vogl nach dem Gewürz hinter den immensen Anstrengungen, die zu diesen immensen Erfolgen führte, antwortet er: „Das ‚Photonic Ecosystem‘ in Jena und insbesondere hier am Beutenberg ermöglichten mir und meinem Team diese Forschungsleistungen. Es ist ein besonderer Ort mit ertragreichem Boden.“

Wir gratulieren herzlich Dr. Tobias Vogl zu diesen besonderen Leistungen und freuen uns über künftige Entwicklungen, auch an seinem neuen Wirkungsort, der Technischen Universität München.